ALTENPFLEGEHEIM
- SCHWANEBECK
STATUS: REALISIERT
BGF: 2.595 QM
JAHR: 2000
Schwanebeck ist ein Ort bei Halberstadt im Harzvorland mit mittelalterlichen Wurzeln. Die Spannung zwischen introvertierten Höfen und extrovertierten Platzräumen ist hier seit Jahrhunderten zu hause. Am Ortsrand ergab sich die Möglichkeit eine Altenpflegeeinrichtung zu planen. Im Rahmen eines Wettbewerbsverfahren entwickelten wir das Bild einer 4-seitigen Hofanlage, die neben historischen Bezügen zu Klosterhöfen eine Öffnung nach außen aufwies und gleichzeitig eine geschützte Introvertiertheit als Rückzugsbereich zuließ. Parallel zur baulichen Raumkomposition war es uns wichtig, Ideen und Ansätze zufördern, die das Konzept der Erfahrungs- und Erlebnissräume unterstützen. Das Raumbild des Atriums ist einer der ältesten Archetypen der gemeinschaftlichen Behausung. In der Mitte der zentrale Hofbaum, die „Dorflinde“, wird zum gemeinsamen Blickpunkt, zum Ausflugsziel und zum Indikator der Jahreszeiten. Die Beliebtheit der Hofzimmer bei den Bewohnern spricht für die Wahl dieses Bildes. Hier finden im Sommer Feiern statt und die Terrassen bieten Raum genug für Gruppentherapien. Der Alltag der Bewohner ist von einem festen Tagesrythmus bestimmt, der fast ausschließlich an den Innenraum geknüpft ist. Dieses war bei der Ausgestaltung zu berücksichtigen, da die tägliche Außenraumerfahrung weitgehend fehlt.Im Projekt stellten wir uns also die Aufgabe, einen transparenten, hellen und offenen Straßenraum des Ortes Schwanebeck in seinen Proportionen und Gestaltungsfolgen als inneres Flursystem aus Weg- und Platzräumen auszubilden. Das Flurkonzept greift Bewegung in Form eines Spazierpfades auf. Nach spätestens 8 m ändert sich der Wandelgang durch Aufweitungen und Ausblicke. An den Sitzplätzen öffnet sich dem Spaziergänger der Blick ins Freie.
Das Licht wechselt ständig, Oberlicht löst direktes Licht ab und umgekehrt. Dieser Reichtum an Raumwandlungen ist dem Rezeptionsverhalten Gehbehinderter und schlecht sehender Bewohner angepaßt wurden. Die eckpunkte des wandelganges sind mit besonderen Ereignis- und Begegnungsfeldern angereichert. Hier befindet sich der Speisesaal, der Gruppentherapieraum, die Schwestern- und die Aufenthaltsflächen. Wichtig war die Offenheit der Schwesternsitzplätze. Sie sollten als Ansprechpartner immer in der Mitte des Geschehens integriert werden. Auf Seiten aller Projektverantwortlichen wurde die soziale Bedeutung dieser Aditionen und deren Einbindung in das Konzept erkannt. So konnte durch gegenseitig gestützte Argumentation der Bau einer Stallanlage für eine Ziege mit in die Förderung intergriert werden, die als Ausflugspunkt ausserhalb der Hofanlage heute zum verweilen einläd. Durch stringentes Kostenmanagment wurde der Haustieranteil sogar noch durch eine Vogelvoliere erweitert, die lange vor „big brother“ mit einer Video-übertragung in alle Bewohnerzimmer ausgestattet wurde. Diese Tiere sind Leben und ein Teil der ländlich geprägten Erfahrungswelt der Bewohner.