projecticon

STADTHAUS

  • LUTHERSTADT WITTENBERG
  • STATUS: WETTBEWERB
    BGF: 2.150 m²
    JAHR: 2005

Ein prägnantes Bild der Stadt Wittenberg bietet sich über die Elbe. Aus der reizvollen Uferlandschaft erheben sich markant die Silhouetten von Schloss- und Stadtkirche. Diese deuten eine Fülle weiterer auffallender und geschichtsträchtiger Gebäude in der Stadt an, die wiederum ausgeprägt und eigenständig im Stadtkörper stehend, Wittenberg kennzeichnen. Die Gebäude vom bereits genannten Schloss über das Alte Rathaus bis zur Universität besitzen einen ausgeprägten Charakter. Erinnern wir uns an eine Zeit in der Geschichte, als solche Dominanten ausschließlich das Bild einer Stadt bestimmten. Als das Stadtfleisch noch nicht umfangreich gewachsen war. Sie tun es heute auch noch. In ihrer Funktion, in ihrem Dienst an der Öffentlichkeit und in ihrer Erscheinung. Es stellt sich vielmehr die Frage, inwieweit Quartiere privater Nutzungen heute und in Wittenberg über die Bausubstanz hinaus einen Beitrag leisten werden können.

Mit dem Vorhaben am Arsenalplatz ein Stadthaus zu etablieren, wird an historischer Stelle die Möglichkeit gegeben, einen weiteren Baustein einzufügen und das Netz der öffentlichen Gebäude über die Stadt zu spannen. Das Grundstück liegt im Norden der Innenstadt innerhalb der (nicht mehr vorhandenen) Stadtmauern direkt an der Grenze zum ehemaligen Stadtwall, der sich heute gegenüber der Juristenstraße als Park gestaltet. Die Situation dieses Quartiers ist, wie in vielen weiteren Regionalstädten zu beobachten, äußerst problematisch. Sie ist in ihrer Lage noch nicht landschaftlich und in ihrer Nutzung leider nicht mehr urban. So könnte die Aufgabe zusätzlich die Chance bieten als Ankündigung für das Quartier herzuhalten. Im gegebenen Zustand verspricht jedoch keine vorhandene oder erfüllbare Funktion eine Baumasse, die eine adäquate Genesung des Quartiers erhoffen ließe. So setzt der Entwurf auf einen starken, eigenständigen Charakter, der sich selbstbewusst präsentiert. Mit diesem Rückgriff auf Themen und Kompositionen, denen die Ehrwürdigkeit der Tradition, hier ein Blick auf vorgründerzeitliche Gefüge, zuteil geworden ist, soll eine Lösung zeitgenössisch und ebenbürtig vorgeschlagen werden. Die gewachsenen Mauern der ehemaligen Franziskanerkirche in sämtlichen Umnutzungen der Zeit bieten genug stadtgeschichtliche Verankerung, um zum einen eine subtile Archäologie erfahrbar zu machen und zum anderen ein Haus für die Bürger der Stadt Wittenberg zu errichten.

Die historischen Mauern werden erhalten, ausgestellt, lesbar gemacht. Sie bilden das Fundament, den Rahmen, das Forum, den öffentlichen Raum. Dieser Raum ist immer betretbar. Dieser Raum trennt den Arsenalplatz vom Veranstaltungsgarten. Dieser Raum bildet das Foyer der Bürger. Dieser Raum bezieht als Chronik und Erfahrung die Spuren in das Neue ein. Er lässt erleben, nicht erahnen. Und: hier treten das Gewachsene und das Neue in ein angemessenes Gegenüber. In die historischen Mauern wird bewusst ein neuer Baukörper gefügt. Er birgt sämtliche Funktionen des Stadthauses. Der Festsaal befindet sich in der Beletage. Er ist teilbar und bestimmt durch seine Geometrie die Plastik des Gebäudes. Während sich das Foyer zum Stadtraum bezieht, präsentiert sich der Saal diesem. Große Fenster, als Bilder der Stadt (Stadt- und Schlosskirche nach Süden) verleihen dem Innenraum ihre Bezüge. Ebenso wie die innere Funktion des Saales die äußere Erscheinung bestimmt projiziert sie sich mittels zweier Füße in das Foyer und gliedern somit als plastische Objekte den unteren Raum, beherbergen die Funktionen und sind in der Lage über ihre Körperlichkeit sowohl den robusten, als auch den feierlich zelebrierten Auf- und Abgang zu unterstützen. So stellt sich das Bürgerhaus in additiver Durchdringung von Alt und Neu freistehend und stolz als ein Solitär in seine Stadt.